Klimaschutz­ziele und Klima­technologien – wie passt das zusammen?

Gastbeitrag von Andreas Öser, qualityaustria Netzwerkpartner

Klimaschutz­ziele und Klima­technologien
Klimaschutz­ziele und Klima­technologien © QualityAustria

14.01.2022

Die Weltklimakonferenz im November 2021 endete mit guten Vorsätzen rund um Klimaschutz oder etwa das Ende des fossilen Kohle-Zeitalters. Andreas Öser, Auditor, Assessor und qualityaustria Netzwerkpartner, gibt dazu einen kompakten Überblick über das Thema „Klimatechnologien“ und entsprechende Trends.

Klimatechnologien: Climate-Tech, Green-Tech und Clean-Tech – was ist das überhaupt und wo ist die Abgrenzung?

Climate-Tech

Climate-Tech Unternehmen sind hoch skalierbare Technologieunternehmen mit positiver Klimawirkung und technologischen Lösungen, die die Auswirkungen des Klimawandels mildern und widerstandsfähige Gemeinschaften aufbauen sollen.

Dabei werden zum einen mittels Mitigationstechnologien Innovationen z. B. in der nachhaltigen Infrastruktur im Gebäudesektor, Energiespeicherung und Netzinfrastruktur im Elektrizitätssektor, gesündere Nahrung, verkürzte Lieferketten und Elektrofahrzeuge im Transportsektor, um nur einige zu nennen, geschaffen.

Zum anderen bereiten Resilienztechnologien Menschen, Gemeinschaften und Infrastrukturen auf die Auswirkungen des Klimawandels vor, wobei der Schwerpunkt auf Gerechtigkeit liegt. Diese Kategorie umfasst Technologien, die sich z. B. mit der Entwicklung von Sensoren für Umweltverschmutzung oder Überschwemmung beschäftigen oder hitzebeständige Pflanzen und feuerfeste Baumaterialien erforschen.

Der Schwerpunkt bei all diesen Lösungen: bestehenden und zukünftigen Generationen auf dem Planeten zu helfen, die Auswirkungen des Klimawandels weitestgehend zu verringern.

Green-Tech

Unter Green-Tech versteht man jene Technologien, welche aufgrund ihrer Produktionsprozesse oder Lieferketten als umweltfreundlich gelten. Die Abkürzung „Green-Tech“ kann sich dabei etwa auf sauberere Energieerzeugung, Verwendung alternativer Brennstoffe oder Technologien beziehen, welche weniger CO² Ausstoß erzeugen als fossile Brennstoffe.

Das Ziel von Green-Tech ist es dabei, die Umwelt zu schützen, Umweltschäden der Vergangenheit zu reparieren und die natürlichen Ressourcen der Erde zu schonen. Die wissenschaftliche Forschung erfasst dazu umfangreiche Technologiegebiete wie beispielsweise die der Materialwissenschaften, Landwirtschaft oder der Atmosphäre. Als eines der aktuell erfolgreichsten Beispiele von Green-Tech kann die Solarenergie genannt werden.

Clean-Tech

Bei Clean-Tech wird speziell auf Produkte oder Dienstleistungen eingegangen, welche die Betriebsleistung verbessern und dabei gleichzeitig Kosten, Energieverbrauch, Abfall oder sonstige negative Auswirkungen auf die Umwelt reduzieren können. Dies kann beispielsweise durch Reduktion oder Optimierung des Verbrauchs von Luft, Wasser, Energie oder Recycling erfolgen.

Zusammenfassend sieht man, dass es durchaus Überschneidungen in den verschiedenen Klimatechnologiebereichen gibt und daher eine Abgrenzung eher der Theorie als der Praxis dienlich ist.

Quo vadis: Klimatechnologieunternehmen in Österreich

Dazu wurde von den Unternehmen Glacier und der Green Tech Cluster eine Übersicht zu den heimischen Klimatechnologie-Startups erstellt. Österreichweit wurden dabei 150 Klimatechnologie-Startups erfasst, die mittels innovativer Technologien und Geschäftsmodelle einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Unterteilt ist diese Map zu Lösungen in den Sektoren Energie, Mobilität, Gebäude, Produktion, Lebensmittel und Kreislaufwirtschaft. Sehen Sie hier die Grafik.

Klimatechnologien und die Marktwirtschaft

Klimatechnologien sind nicht „irgendein" Markt. Sie beherbergen enormes Wachstumspotenzial und könnten somit in den kommenden Jahren weltweit zu einem der größten Geschäftsbereiche werden. Der politische Druck und der gesellschaftliche Wandel bezogen auf die Klimakrise sind dabei die treibenden Faktoren.

Anreiz EU-Taxonomie-Verordnung

Seit einigen Monaten ist die EU-Taxonomie Verordnung (Verordnung (EU) 2020/852) in Kraft. Wesentliche Schlüsselbotschaft der Verordnung: die „ESG-Kriterien“ (Environment, Social, Governance) sollen möglichst von Unternehmen erfüllt werden.

Der Einsatz von Klimatechnologien kann daher ein erklärtes Ziel eines Geschäftsbereichs oder eines Unternehmens sein. Diese Ziele sind daher typischerweise in der Umwelt-, Nachhaltigkeits- und Governance- Erklärung (ESG) eines Unternehmens umrissen oder sogar im Leitbild eines Unternehmens zu finden.

Weitere Anreize für Klimatechnologien

Die Politik gibt immer strengere Regeln vor, die Unternehmen einzuhalten haben, um ihre Treibhausgas-Emissionen zu senken. Darunter beispielsweise der „European Green Deal“ der EU, der alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, bis 2050 keine Netto-Treibhausgas Emissionen mehr freizusetzen. Aus diesen Verschärfungen resultieren eine u. a. stetig steigende CO²-Bepreisung, die die Klimafolgeschäden der Zukunft bereits jetzt als Schäden bemisst. Daher benötigen Unternehmen effiziente klimatechnologische Lösungen, um diese Ziele erreichen zu können.

Ein weiterer Faktor ist die gesellschaftliche Veränderung. Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sind in aller Munde und immer mehr Menschen möchten sich aktiv dem Kampf gegen den Klimawandel zuwenden. Nicht zuletzt Organisationen, wie etwa Fridays for Future, haben diesen Trend ins Rollen gebracht.

Auch beim 7. qualityaustria Nachhaltigkeitsforum waren sich die Expert*innen sicher: es benötige effiziente Konzepte und Game Changer zur Anpassung der Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsbestrebungen von Unternehmen.

Luft nach oben bei heimischen Unternehmen

Dabei hat die Bedeutung von Klimaschutzzielen laut einer Studie der Boston Consulting Group (BCG) nur in jedem zweiten der 100 größten Unternehmen Österreichs bisher wirklich Anklang gefunden.

Konkret untersucht BCG in der Analyse, ob sich die 100 größten Unternehmen Österreichs ein Klimaschutzziel gesetzt haben – und von welcher Qualität diese Ziele sind. Ein Klimaschutzziel gilt dann als umfassend im Sinne der Studie, wenn das genaue „Ausmaß der Emissionsreduktion“ angegeben und dies bis zu einem „exakt definierten Zeitpunkt angestrebt“ wird. Weiters muss die Reduktion sowohl die „eigenen direkten Emissionen“ als auch die „indirekten Emissionen der Energielieferanten“ umfassen. Somit werden sowohl Scope-1 und Scope-2-Emissionen erfasst, Scope-3-Emissionen hingegen nicht.

Wie kann die Situation nun verbessert werden?

Zum einen ist es wichtig, seinen CO2-Ausstoß überhaupt messtechnisch erfassen zu können. Hier gibt es bereits Startups, die sich mit diesem Thema verstärkt beschäftigen. So etwa die Berliner Startups „Plan A“ oder „Planetly“.

Dass aber auch in der Erfassung von CO2-Angaben noch Potenzial besteht, belegt eine Studie der Technischen Universität München. Das Ergebnis: Rund die Hälfte der Gesamtemissionen fehlt, was besonders auf Fehlangaben bei den Scope-3-Emissionen zurückzuführen ist.

Die Wissenschaftler*innen haben bei ihrer Stichprobe zur standardisierten Quantifizierung von Scope-3-Emissionen die massiven Abweichungen festgestellt. Als Beispiel für die Relevanz nennt die Studie das Auslagern von Rechenkapazitäten auf Cloud-Dienstleistungsunternehmen.

Zum anderen nimmt auch eine entsprechende Bildung eine wichtige Rolle ein, um gezielt etwas zur Erreichung der Klimaschutzziele beizutragen. Darunter wiederum Startups, etwa das österreichische Data Intelligence-Unternehmen „webLyzard technology“, welches für die Suchmaschine der neuen Climate.gov Plattform des US-Government verantwortlich ist. Somit können sowohl amerikanische Entscheidungsträger*innen als auch die breite Öffentlichkeit mittels weniger Klicks fundiertes Wissen puncto Klimawandel erlangen.

Doch nicht nur für Unternehmen ist Bildung von Bedeutung, sondern auch Privatpersonen mit Interesse für Umwelt und Nachhaltigkeit und Beschäftigte im Umweltsektor wie z. B. Umweltmanager*innen und Umweltbeauftragte können von Fortbildungskursen profitieren. Gleichzeitig driften Wissen rund um Klimaschutz bzw. Nachhaltigkeit und damit verbundene Handlungen aber aktuell noch stark auseinander. Themenspezifische Ausbildungen können dabei unterstützen, die Umwelt- und Klimaschutzbestrebungen des Unternehmens vorwärts zu bringen.

Ausblick & wo die Reise hingeht

Allein der Einsatz neuer Klimatechnologien wird wahrscheinlich nicht ausreichen, um das Klima zu retten. Dies muss zwingend einhergehen mit einem Wandel in der Gesellschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit – und teilweise auch zu Verzicht. Nur auf diese Weise wird es möglich sein, den Klimawandel zu stoppen.

Jedoch hat, zumindest in Europa, der „Green Deal“ und die EU-Taxonomie Verordnung Anstrengungen im Klimaschutz von „Nice-to-Have“ zu einem „Must-Have“ gemacht. Künftig werden Unternehmen nicht nur ihre eigenen Emissionen verstehen müssen, sondern auch die ihrer Zulieferer – sprich Scope-3-Emissionen.

Daher kann man klar sagen, dass neben der Erreichung von Klimaschutzzielen auch die finanziellen Anreize eine wesentliche Rolle spielen. Und gerade dabei nehmen Klimaschutztechnologien einen wichtigen Stellenwert ein. Gleichermaßen muss Awareness für die Themen geschaffen werden – hierfür können einerseits Aus- und Weiterbildungen helfen, aber auch die Einrichtung von Umweltmanagementsystemen.


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