Nachhaltiger mit Carbon Management

Thomas Bürgler, Geschäftsführer K1-MET GmbH
Thomas Bürgler, Geschäftsführer K1-MET GmbH © cityfoto.at/Wolfgang Simlinger
Moritz Tiefenthaler, Policy Officer, BMK – Bundeministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
Moritz Tiefenthaler, Policy Officer, BMK – Bundeministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie © cityfoto.at/Wolfgang Simlinger
Michael Krassnitzer, Head of Reservoir Management, RAG Austria AG
Michael Krassnitzer, Head of Reservoir Management, RAG Austria AG © cityfoto.at/Wolfgang Simlinger
Thomas Kienberger, Leiter Lehrstuhl für Energieverbundtechnik, Montanuniversität Leoben
Thomas Kienberger, Leiter Lehrstuhl für Energieverbundtechnik, Montanuniversität Leoben © cityfoto.at/Wolfgang Simlinger
Christian Kissling, Vertriebsleiter Kraftblock GmbH
Christian Kissling, Vertriebsleiter Kraftblock GmbH © cityfoto.at/Wolfgang Simlinger
Tara Esterl, Head of Competence Unit Integrated Energy Systems, AIT Austrian Institute of Technology GmbH
Tara Esterl, Head of Competence Unit Integrated Energy Systems, AIT Austrian Institute of Technology GmbH © cityfoto.at/Wolfgang Simlinger
David Wöss, Junior Scientist, Universität für Bodenkultur Wien
David Wöss, Junior Scientist, Universität für Bodenkultur Wien © cityfoto.at/Wolfgang Simlinger

22.04.2024

Wie bringen wir die Energiewende voran? Eine Frage, an der die Industrie nicht vorbeikommt, ohne sich dem Thema Carbon Management auseinanderzusetzen. In einer eigenen Session diskutierten Expertinnen und Experten beim Zukunftsforum Oberösterreich am 10. April 2024 daher über Schlüsselstrategien und -technologien für eine kohlenstoffarme Industrie.  

„Die 1,5-Grad-Schwelle haben wir eigentlich schon erreicht. Wir werden den Klimawandel nicht abstellen können. Aufgabe der Forschung ist es nun, ihn in einem erträglichen Ausmaß zu halten“, skizzierte K1-MET-Geschäftsführer Thomas Bürgler in der Session Carbon Management die aktuelle Situation.

Für besonders ressourcen- und energieintensive Industriesektoren wie Stahl und Zement sieht der Experte klimaneutrale Produktionsprozesse als Schlüssel zum Erfolg, um den Klimawandel einzudämmen. Die Stahlproduktion ist global für sieben Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich, die Zementherstellung gar für acht.  


CO2-Speicherung als Chance 

Ein derzeit noch umstrittenes Verfahren, um den Klimawandel aufzuhalten, ist das Speichern von CO2 im Boden. Aus technischer Sicht wäre ein solches Vorhaben möglich, gesetzlich ist es in Österreich jedoch (noch) nicht erlaubt. Dies könnte sich in absehbarer Zeit ändern, wie Moritz Tiefenthaler von der Abteilung Allgemeine Klimapolitik im BMK berichtete. Gemeinsam mit dem Finanzministerium erarbeitet das BMK bis Juni 2024 eine Carbon Management Strategie (CMS) für Österreich, die das Speichern, Transportieren und Wiederverwerten von Kohlenstoffdioxid regeln soll.  


Sommersonne für den Winter nutzen 

„Geologisch gespeichertes CO2 könnte zu einem Rohstoff der Zukunft werden“, räumte auch Michael Krassnitzer von der RAG Austria ein, Österreichs größtem Energiespeicherunternehmen.

Er stellte in seinem Vortrag das „RAG Energy Valley“ vor. Mit der Demonstrationsanlage werden Wasserstoff und fester Kohlenstoff mittels Sonnenstrom aus Methan erzeugt, ohne dass dabei CO2-Emissionen entstehen. Das Projekt ist richtungsweisend und zeigt, wie Sonnenstrom durch die Umwandlung in Wassersoff speicherbar gemacht wird, um ihn dann im Winter als Strom und Wärme zu nutzen. 


Rascher Netzausbau notwendig 

Beim anschließenden NEFI Technology Talk sprach Thomas Kienberger von der Montanuniversität Leoben über Szenarien und Ausbaupläne für ein klimaneutrales Österreich. Gemeinsam mit seinem Forscher:innenteam erstellt er verschiedene Szenarien, aus denen sie technische Ausbaupläne für Strom-, Methan- und Wasserstoffübertragungsnetze ableiten. In allen Szenarien wird der Wasserstoffbedarf stark ansteigen, deshalb forderte Kienberger, die Stromübertragungsnetze rasch auszubauen und die bestehende Gasnetzinfrastruktur für den Betrieb mit Wasserstoff und Biogas umzustellen. 


Prozesswärme als Knackpunkt 

Das Problem der industriellen Prozesswärme thematisierte Christian Kissling von Kraftblock. Der deutsche Wärmespeicherhersteller nutzt mit seinem innovativen Hochtemperatur-Speichersystem die Abwärme und erneuerbare Energie in der Industrie und will so einen schwierigen Teil der Energiewende lösen. Kern der Kraftblock-Technologie ist das innovative Speichersystem, das Temperaturen bis zu 1.300°C speichern kann. Das Unternehmen bietet Komplettsysteme, die Energie in Form von Strom, Wärme, Dampf und Kälte, von der Quelle über den Speicher bis zur Anwendung bereitstellen. Die Systemlösung ermöglicht Industriebetrieben, fossile Energie durch erneuerbare Energie zu ersetzen, Strom also dann zu nutzen, wenn er günstig oder im Überschuss vorhanden ist und industrielle Abwärme zu recyceln. 


Flexibilität bei der Energieversorgung 

Die Energiewelt der Zukunft braucht starke, flexible Netze, erfuhren die Teilnehmer:innen im Vortrag von Tara Esterl vom AIT Austrian Institute of Technology.

Die Expertin erforscht den Einfluss des Klimawandels auf die Energieversorgung und prophezeite: „Der jährliche Wärmebedarf wird bis zum Jahr 2050 um ca. 50 % sinken, der Kühlbedarf aber um 350 % steigen.“

Das dekarbonisierte Energiesystem der Zukunft brauche deshalb Flexibilität. Im NEFI-Projekt „Industry4Redispatch“ arbeitet das AIT an der Steuerung industrieller Energieversorgungssysteme, um Flexibilitäten optimal zu nutzen.  


Vision eines 100 % erneuerbaren Stromsystems 

David Wöss von der BOKU Wien skizzierte, wie ein 100 % erneuerbares Stromsystem für Österreich aussehen könnte. Als zumindest theoretisch effizientestes Szenario nannte der Experte ein Verhältnis von 20 % Photovoltaik und 44 % Windenergie in Verbindung mit einem hybriden Speichersystem aus Pumpspeicherung, Batterie und Elektrolyseur. Er wies aber darauf hin, dass diese Modellberechnungen Engpässe in der Netz- und Speicherinfrastruktur derzeit noch nicht berücksichtigen. Der dringend notwendige Ausbau der Infrastruktur in Österreich zog sich wie ein roter Faden durch alle Vorträge.