Kreislaufwirtschaft nimmt Fahrt auf

EU-Projekt CIRCULAR 4.0 © AdobeStock/Miha Creative
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16.08.2022

Die Ressourcen unseres Planeten neigen sich langsam dem Ende zu. Aber was wäre, wenn wir aus alt neu machen und das immer und immer wieder? Kreislaufwirtschaft ist das Gebot der Stunde. Genau damit befasst sich das EU-Projekt CIRCULAR 4.0 im Alpenraum. Der Cleantech-Cluster der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria und die anderen europäischen Projektpartner haben die Ergebnisse und einige Best-Practice-Beispiele Ende Juni vorgestellt.

In Österreich liegt die Zirkularitätsrate mit zwölf Prozent unter dem EU-Schnitt (12,8 %). Das heißt, dass nur zwölf Prozent der in der Wirtschaft verwendeten Materialien wieder in den ökonomischen Kreislauf zurückfließen.

„Kreislaufwirtschaft funktioniert nur durch Zusammenarbeit der Akteurinnen und Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Zivilgesellschaft und Vernetzung entlang der Wertschöpfungskette“, appellierte Erna Etlinger van der Veeren vom Umweltministerium.

Weniger Ressourcenverbrauch, Umweltverschmutzung und Abfälle reduzieren, bessere Ressourceneffizienz, reduzierter Konsum privater Haushalte und die Steigerung der Zirkularität auf 18 Prozent: Mithilfe von rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen, Marktanreizen, Förderungen und innovativer Technik will Österreich diese Ziele bis 2030 erreichen.


Erste Projekte zeigen, wie´s geht

Andreas Van-Hametner vom Ressourcen Forum Austria betonte, dass Kreislaufwirtschaft bereits auf kommunaler Ebene beginnt. Als Vorzeigebeispiel nannte er die Gemeinde St. Georgen bei Salzburg, die kurzfristig einen ressourcenschonenden Waldkindergarten errichtete. Als Baumaterialien kamen unter anderem Brettsperrholzplatten zum Einsatz. Die alten Fenster der Bibliothek in der Volksschule wurden wiederverwendet. Ein weiteres best-Practice-Beispiel ist der Ressourcenpark Steiermark. Hier wurden die Altstoffsammelzentren mit Re-Use-Shops und Repair-Cafés ausgestattet. Ergebnis: Der angelieferte Sperrmüll reduzierte sich um die Hälfte, gleichzeitig vermehrten sich die recyclingfähigen Fraktionen. Die Gemeinden konnten dadurch die Kosten für die Abfallentsorgung um 30 Prozent senken.


Neue Chancen für die Wirtschaft

Über ihre Erfahrungen aus Workshops mit KMU berichtete die Beraterin Sonja Eser. 3D-Drucker, QR-Codes in der Lagerverwaltung und Handelsplattformen für Produktionsabfälle sind bereits Schritte in Richtung Nachhaltigkeit.

„Bei der Kreislaufwirtschaft können kleine und mittlere Unternehmen allerdings an mangelnder Qualität recycelter Produkte, einem zu hohen Preis sowie geringen Gewinnmargen scheitern“, sagte Eser.

Die Verwendung von Rezyklat für neue Produkte und das Entwickeln von Kreislaufprodukten könnten Abhilfe schaffen. Digitale Technologien wie virtuelle Prototypen wirken hier unterstützend. Die Wiederaufbereitung von Produkten eröffnet auch neue Geschäftsfelder. Start-ups erweisen sich da oft als System-Changer.


Textilbranche denkt um

Die Textilwirtschaft ist mit einer Recyclingrate von einem Prozent für den vierthöchsten Umweltimpact innerhalb der EU verantwortlich. Textilien verursachen 35 Prozent des Mikroplastiks im Meer. Ein Viertel der erzeugten Produkte wird gar nicht verkauft, sondern ungebraucht entsorgt. Julia Schmitt von der Johannes Kepler Universität Linz merkte an, dass die Textilbranche intensiv an ihrer Kreislauffähigkeit arbeitet. Beispielsweise wurde der globale Standard ,,Cradle to Cradle Certified®“ (C2C) eingeführt. Damit zertifizierte Produkte werden zu 100 Prozent recycelt und sind frei von giftigen Stoffen. Der Vorarlberger Textilhersteller Wolford ist eines der wenigen Unternehmen, das den C2C-Goldstandard erreicht.


Es ist noch viel zu tun

In der abschließenden Diskussionsrunde waren sich alle Expertinnen und Experten einig: Für die Umstellung des linearen Systems auf Kreislaufwirtschaft braucht es noch einige Anstrengungen sowie die Unterstützung aller Stakeholder, von den Bürger:innen über die Wirtschaft bis zur Politik. Positivbeispiel ist der Reparaturbonus in Österreich und in der EU.

„Die Veranstaltung hat gezeigt, dass das Thema Kreislaufwirtschaft noch viel mehr Aufmerksamkeit benötigt und das Potenzial einer verankerten Kreislaufwirtschaft in Österreich und dem gesamten Alpenraum sehr hoch ist“, resümiert Ashna Mudaffer, Projektmanagerin im Cleantech-Cluster.

Über das Projekt CIRCULAR 4.0

Das Projekt CIRCULAR 4.0 will im Alpenraum den Übergang von einem linearem zu einem zirkulären Wirtschaftssystem beschleunigen. Erreicht werden soll dies vor allem durch vermehrte Digitalisierungsprozesse in KMU. Neue digitale Technologien ermöglichen es, innovative Circular-Economy-Geschäftsmodelle zu entwickeln, die auf Sharing und Leasing oder auch auf Wiederverwendung und Wiederaufbereitung basieren. CIRCULAR 4.0 will die Aufmerksamkeit von Unternehmern gezielt auf die Circular-Economy-Konzepte lenken und Werkzeuge entwickeln und testen, die KMU beim Übergang zur Kreislaufwirtschaft unterstützen.

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Das Projekt wurde innerhalb des Interreg Alpine Space Programms durch den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (ERDF) kofinanziert.
 

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